Fußballweltmeisterschaft ließ kolonial-paternalistisches Gedankengut erneut aufleben
Wer glaubt, dass mit der weltweiten Blamage Deutschlands durch die deutsche Außenpolitik, insbesondere gegen Ende des Jahres 2022, als die Fußballweltmeisterschaft in Katar die Zeitungsseiten und TV-Sendungen beherrschte, abgeschlossen sein könnte, wird seitdem eines Besseren belehrt. Es geht mit den verschiedenen Formen und Intensitäten der deutschen Überheblichkeit ungebrochen weiter, wirft man einen Blick auf die (nicht nur Außen-)Politik der Ampel-Regierung. Trotz der damaligen internationalen und gelegentlich auch hiesigen Kritik in den Medien wollen einige der heutigen Politiker die Folgen ihres Handelns nicht erkennen oder sie weigern sich, diese zu begreifen, was eigentlich auch nicht bei denjenigen verwundern sollte, die entweder keine Berufsausbildung absolviert oder diese abgebrochen haben, ganz zu schwiegen von Studienabbrechern und Plagiatoren, die in den letzten Jahren in Deutschland bis in höchste Ämter gelangten.[1]
Die Kritik an der intellektuellen Inkompetenz von Politikern soll jedoch nicht im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen, sondern es muss hinreichen anzudeuten, warum etwa Ende 2022/Anfang 2023 sich viele deutsche Bürger über ihre Politiker geärgert und fremdgeschämt haben, insbesondere darüber, was kurz vor der Fußballweltmeisterschaft von diesen – begleitet von einem Shitstorm in den Mainstreammedien – über angebliche Ungeheuerlichkeiten im arabischen Emirat vermeldet wurde und dann sogar vor Ort nicht zuletzt durch eine lächerliche Geste der Nationalmannschaft ablief.
Es war jedem Interessierten schon jahrelang vorher nicht unbekannt, dass Katar kein Hort der Demokratie ist. Dennoch wurde trotz nachgewiesener Korruption die Weltmeisterschaft (WM) aus finanziellen Gründen dorthin vergeben. Genug Zeit, um sich für Boykott, Ausrichtung der Spiele an anderen Orten oder was auch immer im Rahmen der Möglichkeiten denkbar gewesen wäre sich anders zu entscheiden. Das tat man jedoch nicht, denn es winkte ein Maximalprofit für einige Investoren und Sportmanager. Und so musste der Fußballsport herhalten, um zu belegen, dass deutsche Politiker immer noch nach dem Motto agierten, wie es ihre Vorfahren im 19. Jahrhundert schon nach der Devise „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen!“ taten, als es sie in die Welt hinauszog.[2]
Unmittelbar vor Beginn der Spiele hatten deutsche Politiker und die sie hofierenden Medien vorgeblich überrascht festgestellt, dass die Kataris sich nicht an das hielten, was den Deutschen in ihrem Sendungsbewusstsein vorschwebte. Dabei konnte jeder wissen, dass nur zehn Prozent der 2,7 Millionen Bürger des Landes von Geburt aus Kataris waren, die anderen gelten als Arbeitsmigranten. Es wäre keine Schwierigkeit gewesen herauszufinden, dass diese nicht als gleichberechtigte Staatsbürger betrachtet und behandelt werden.
Warum tat man aber dennoch überrascht, als man sich mit einer anderen Kultur konfrontiert sah? Offensichtlich tat man dies deshalb, weil es einfacher ist, sich über Lappalien bis hin zu angeblichem oder wirklichem Unrecht in anderen Ländern demonstrativ zu erregen, als sich mit Ungerechtigkeiten und Problemen im eigenen Land zu befassen. Das birgt für Politiker immerhin nicht so große Gefahren, die möglicherweise ihre Wiederwahl verhindern könnten.
Die öffentliche Missbilligung einer fremden Kultur, in der Alkoholgenuss und offene Präsentation von Homosexualität nicht erwünscht, ja verboten sind, schienen vor Beginn der WM in hiesigen Redaktions- und Wohnstuben das Hauptthema geworden zu sein. Die Überraschung angesichts anderer Kulturen, Wertevorstellungen und Mentalitäten in einem anderen Teil der Welt erschien kritischen Beobachtern indes von Anfang an als heuchlerisch. Denn es konnte nicht die Ideologie überspielt werden, die davon ausging, dass am deutschen Wesen doch schon seit der Kaiserzeit vor mehr als zweieinhalb Jahrhunderten die Welt genesen sollte. Die Möglichkeit, sich von der WM zurückzuziehen, war auf dem Höhepunkt der Kampagne augenscheinlich vorüber; das wurde dann schon bald auf sportliche Weise in der Gruppenphase von anderen Fußballmannschaften erzwungen. Damit musste, so wurde in einem Artikel hämisch und zutreffend kommentiert, die Mannschaft „einer Nation, die mal wieder wollte, dass am deutschen Wesen die Welt genesen soll“ geschlagen in ihre Heimat zurückreisen.[3]
Nunmehr sah man sich in Politikerkreisen und Redaktionsstuben einem Dilemma ausgesetzt. Das inzwischen so beliebte Verhängen von Sanktionen und Boykotts war in diesem Fall nicht mehr möglich und aus ökonomischen Gründen auch nicht gewollt. Sogar wenn man von den nun kritisierten Verhältnissen in der absoluten Monarchie am Persischen Golf angeblich nichts wissen wollte, wuchs die Erkenntnis, dass Deutschland auf das Öl der Kataris zukünftig angewiesen sein würde. Einen dadurch notwendig gewordenen politischen Spagat versuchte die inzwischen selbst in ihrem Amt umstrittene Außenministerin Annalena Baerbock, wobei sie bekanntlich wiederholt in den internationalen Medien keinen guten Eindruck hinterließ. Der an der Berliner Humboldt-Universität lehrende Herfried Münkler gestand in einem Interview: „Mich hat ihre Praxis der Menschenrechtsperformation nie überzeugt […] man kann zum Beispiel nicht gleichzeitig bei den Kataris Gas kaufen und sich am Fußball dort echauffieren. Es macht keinen Sinn, in dem einen Raum von Menschenrechten zu reden und im anderen hemmungslos Interessenökonomie zu betreiben.“[4]
Auch in einigen anderen, wenn auch nicht vielen Publikationsorganen wurde darauf verwiesen, wie unglaubhaft und unredlich die vordergründige Polemik gegen Katar gewesen ist. So schrieb die ntv-Journalistin Mary Abdelaziz-Ditzow in der Zeitung „Capital“: „Die katarische Regierung pumpt Milliarden in die deutsche Wirtschaft. Und Deutschland als Wirtschaftsnation profitiert davon massiv. Dass nun manche meinen, ‚Haltung‘ zu zeigen, indem sie Spiele boykottieren und Arabophobie durch ihre abwertenden Aussagen fördern, ist fragwürdig. Vor allem wenn sie dabei auch noch einen VW fahren, ein Konto bei der Deutschen Bank (in beiden angeführten Unternehmen haben Kataris gewaltige Summen investiert – UvdH) halten oder Fußballspiele des FC Bayern schauen (Qatar Airways ist seit 2018 Sponsor des Vereins).“[5]
Allzu bemerkenswert ist es allerdings nicht, dass die im Nahen Osten erneut unter Beweis gestellte moralisch getünchte deutsche Besserwisserei nicht nur einige hiesige Medienvertreter verwundert oder verärgert hat, sondern diese alte deutsche Charaktereigenschaft ist auch zum Teil mit Abscheu in den Ländern des heute so genannten Globalen Südens zur Kenntnis genommen worden. Nicht nur die Regierung von Katar, sondern auch die anderen im Arabischen Kooperationsrat zusammengeschlossenen Golf-Anrainerstaaten wiesen in einem Statement den Überheblichkeitscharakter vor allem der deutschen Innenministerin Nancy Faeser deutlich zurück. Sie verwahrten sich scharf eine Kritik an ihrer Kultur und verbaten sich eine Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten.[6]
Diese an direkter kolonial-paternalistischer Überheblichkeit kaum zweifeln lassenden Äußerungen deutscher Politiker erinnern sehr deutlich an einen Versuch der Einmischung einer ehemaligen Kolonialmacht in die Politik eines außereuropäischen Staates, verbunden mit der Abwertung von deren traditioneller Kultur und Wertvorstellungen. Kein Wunder also, dass dies in der sich immer noch dekolonisierenden Welt nicht gut angekommen ist.
Propaganda – Fake News – Wahrheit
Schauen wir einmal konkret auf die Vorwürfe der deutschen Politiker und dieser antichambrierenden Journalisten, die mit dem Heranrücken des Eröffnungsspiels der Fußball-WM folgend aufgeführtes Kritikwürdige zu entdecken glaubten (in Auswahl), was es nach ihrer Meinung unbedingt notwendig erscheinen lassen würde, die schon einmal auf dem afrikanischen Kontinent (wenigstens temporär) gescheiterte arrogante Strategie zu wiederholen, nämlich dass am deutschen Wesen – nunmehr endlich auch die Kataris! – genesen sollten.
Das waren vor allem die im Lande geltenden Alkoholverbote, Ablehnung der Zurschaustellung von Homosexualität, die durchaus Ablehnung verdienende gesellschaftliche Stellung und Behandlung von Frauen und insbesondere eine vorgebliche Ausbeutung der Arbeitskräfte aus dem Ausland, die zu vielen tödlichen Arbeitsunfällen geführt haben soll.
Da wusste man anscheinend in den Redaktionstuben des Berliner „Tagesspiegel“ ganz genau, was da bei den Arabern vor sich geht. In einem den rassistischen Charakter kaum verstecken könnenden Kommentar heißt es dann auch kämpferisch: „Angepfiffen wird am 20. November, dem Totensonntag. Das passt. Da soll der Verstorbenen gedacht, und die Trauernden sollen getröstet werden. Gleich zum Eröffnungsspiel wird somit an Wesentliches erinnert. An Tod und Trauer. Wie viele Arbeitsmigranten sind auf den Baustellen in Katar ums Leben gekommen, damit dort, in der Wüste, die Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden kann? Die Schätzungen schwanken, sicher waren es Tausende. Sie kamen aus Ländern wie Nepal, Sri Lanka und Bangladesch, waren bitterarm, wurden ausgebeutet, diskriminiert, geschunden. Das alles ist von Menschenrechtsorganisationen, Medien und dem Internationalen Gewerkschaftsverband dokumentiert.“[7] Pech nur für den Journalisten, dass diese Aufmerksamkeit erhaschen sollende Tatsachenbehauptung nicht zutreffend ist.
Abgesehen davon: Vergegenwärtigen wir uns einmal die vergleichbaren historischen Basisdaten in der alten Bundesrepublik, aus denen sich eigentlich keine Überheblichkeit speisen sollte:
Der Paragraph 175 des (west)deutschen Strafgesetzbuches kriminalisierte 123 Jahre lang Homosexualität schwuler Männer. Erst im Jahre 1994 wurde der Paragraph im staatlich vereinigten Deutschland endgültig abgeschafft. In der DDR übrigens bereits im Jahre 1968.
Auch bei der Kritik an der Rolle der Frau am Golf sollte man sich an die eigene Nase fassen. Denn: Als 1974 die BRD die Fußball-WM ausrichtete, war die westdeutsche Frau noch verpflichtet, den Haushalt zu führen. Die Frau hatte ihre Rolle als Hausfrau und Mutter zu spielen; Ernährer der Familie war der Mann. Frauen benötigten die Erlaubnis ihres Mannes, um arbeiten gehen zu können. In der DDR war bereits in deren Verfassung von 1949 im Artikel 7 die Passage enthalten, dass alle Bestimmungen aufgehoben sind, die der Gleichberechtigung der Frau widersprechen. Abtreibungen bei ungewollten Schwangerschaften waren in Westdeutschland bei Strafe verboten; in der DDR wurde 1972 ein Gesetz zur Schwangerschaftsunterbrechung verabschiedet.[8] Die Gleichberechtigung der Frau wurde erst am 25. Juni 1980 in der Bundesrepublik festgeschrieben.
Wenn sich nun einige moralische Tugendwächter hierzulande um die arabischen bzw. islamischen Frauen im Nahen Osten Sorgen machen, hätten – was ihnen anscheinend erst im Vorfeld des Beginns der WM auffiel – sie eigentlich im eigenen Land genügend Gelegenheit, sich zu engagieren. Denn es sollte doch eigentlich für betriebsame Aktivisten geradezu eine Notwendigkeit sein, sich um hier wohnende Angehörige des weiblichen Geschlechts aus jenen Regionen zu kümmern, in denen das Menschenrecht der Frauen missachtet wird. Denn in Deutschland leben etwa 68.000 Frauen und Mädchen, die von weiblichen Genitalverstümmelungen betroffen und 15.000 weitere, die davon bedroht sind.[9] Auch wäre es möglich, wenn man die vermeintlich diskriminierte Stellung der Frauen in arabischen Ländern anprangern will, diese für ein Verbot des Kopftuchtragens zumindest hierzulande zu unterstützen. Aber was war das Resultat ihrer Kritik? Da die deutschen Journalisten, die sich im arabischen Raum zur Fußball-WM aufhielten, sich angesichts der vielen verschleierten Frauen verpflichtet fühlten, etwas zu tun, aber es nicht vor Ort tun konnten, genderten die Radioreporter besonders stark. So sahen sie in Doha „Fans“ und „Fäninnen“ sowie „User“ und „Userinnen“. Die unterdrückten Frauen werden den aktivistischen Reportern für so viel Unterstützung zu Dank verpflichtet sein!
Am heftigsten wurden die sozialen und betriebsbedingten Umstände der Arbeitsbedingungen von Tausenden ausländischen Arbeitskräften, die vornehmlich aus Asien stammen, kritisiert. Man tat das gern und oft, ohne allerdings je einen Blick auf die Baustellen geworfen zu haben, wie sich später herausstellte. In den Reden von Politikern und in den ihnen nach dem Munde redenden Medien überschlugen sich die Horrormeldungen über die angeblich unmenschlichen Bedingungen der Arbeiter, die vor allem im Stadionbau eingesetzt worden sein sollten.
Zur viel diskutierten Situation der Lage der in Katar arbeitenden ausländischen Arbeitskräfte äußerte sich Anfang November 2022 das Mitglied des Präsidiums der Arabisch-Deutschen Handelskammer und ehemaliger SPIEGEL-Nahostkorrespondent Jürgen Hogrefe, der als ein wirklicher Kenner der politischen Situation im arabischen Raum gilt: „Das Ausmaß der verdrehten Berichterstattung über Katar und die Diffamierung seiner Bewohner und seiner Regierung hat längst einen kampagneartigen Charakter angenommen, in dem die Fakten unter die Räder gekommen sind.“ Er analysierte in einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“, wie die Zahl von angeblich 6.500 toten Gastarbeitern in Katar bei den Bauten der Sportstadien seit der Vergabe der WM in den Medien entstehen konnte.[10] Bestätigen lasse sich, so Hogrefe, lediglich eine Anzahl von 35 „nicht arbeitsbedingten Todesfällen“ auf den Stadionbaustellen. Inzwischen geisterte jedoch schon eine Zahl von 15.021 toten Gastarbeitern, die die Menschenrechtsorganisation Amnesty International angeblich ermittelt hatte, in den Gazetten.[11] Damit hatte man zwar eine richtige Anzahl von Toten erfasst, jedoch von der gesamten ausländischen Bevölkerung Katars, die seit der Vergabe der Fußball-WM einige Jahre zuvor im Golfstaat verstorbenen sind. Man hatte die Zahl einfach übernommen. Das seien, nach Hogrefe, bei etwa drei Millionen Wanderarbeitern nicht allzu viele arbeitsbedingte Unfalltote. Die natürliche Sterberate Katars läge, so das Ergebnis einer weiteren Recherche, sogar unter der in Deutschland.[12]
Aber die deutliche Klarstellung eines Fachmanns erreichte nicht die Mainstreammedien und vermutlich auch nicht die Politiker, die sich so weit aus dem Fenster gelehnt hatten. Soweit es zu recherchieren war, wurde selbst in linksgerichteten Zeitungen und Zeitschriften[13] die Klarstellung der Fakten einer Schweizer Gewerkschafterin, Rita Schiavi, die in der „Luzerner Zeitung“ in Form eines Interviews veröffentlicht wurde, nicht beachtet.[14] Dort machte die Schweizer Vertreterin in der internationalen Bau- und Holzarbeitergewerkschaft deutlich, dass auf den katarischen Stadionbaustellen „die Arbeitssicherheit von Anfang an besser als auf anderen Baustellen“ außerhalb der zukünftigen Sportstätten gewesen war. Es herrschten dort europäische Standards – so die renommierte Gewerkschafterin. Sie hätte seit 2016 insgesamt siebenmal das Baugelände besucht und konnte feststellen: „Es hat sich in den letzten Jahren wirklich viel zum Guten verändert.“
In dem Interview machte Rita Schiavi noch einmal sehr deutlich, dass die von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International – von der ursprünglich die Kritiken medienwirksam verbreitet wurden – kritisierten Arbeitsbedingungen sich lediglich auf die Situation der Hausangestellten oder auf Arbeitskräfte, die in kleinen Betrieben in Katar arbeiten, beziehen, also nicht auf Angestellte von großen Firmen auf den Baustellen der Stadionbauer. Die dortigen Arbeitskräfte hätten durch vorheriges gewerkschaftliches Engagement „heute keine Probleme mehr, den Arbeitgeber zu wechseln“. 300.000 Arbeitsmigranten hätten dies schon getan.
Sie klärte ebenso auf, wie die Zahl von 6.500 Toten zustande gekommen war und von der Zeitung „Guardian“ als erste in die weltweite Presse gebracht wurde. „Der ‚Guardian‘ ist zu den Botschaften jener Länder gegangen, aus denen die Arbeitsmigranten in Katar kommen, und hat Todeszahlen erfragt. So kamen 6.500 Tote über zehn Jahre zusammen. Das hat aber nichts mit den Baustellen zu tun.“ Und zum Vergleich führte sie an: „Über zehn Jahre gibt das 650 Tote, bei einer Population von 1,4 Millionen Arbeitsmigranten aus den angefragten Ländern. Ich habe nachgeschaut, wie viele Todesfälle es in der Schweiz bei den Leuten unter 65 (Jahren – UvdH) im Verhältnis waren. Die Zahl ist doppelt so hoch.“
In ihrem Interview rückte sie weitere unrealistische Zahlen gerade und beklagte: „Es gibt im Westen viele falsche Vorstellungen“ und rügte aufgrund ihrer Erfahrungen, dass die relevanten Debatten in westlichen Medien „teilweise sehr scheinheilig geführt“ würden und hält auch den Schweizern einen Spiegel vor: „Für die Toten auf unseren Baustellen – im Durchschnitt 13,4 pro 100.000 Arbeiter – interessiert sich nie jemand.“
Die wenigen sich um einen realistischen Blick auf die gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen in dem arabischen Land bemühenden deutschen Journalisten und Fachleute mussten letztendlich resignieren.[15] Ihre Bemühungen blieben im medialen Mainstream so gut wie ohne Wirkung.
Es ist zu hoffen, dass deren Einsatz nicht vollständig umsonst war. Ab und an kann man hoffen. So argumentierten auch andere Persönlichkeiten, die durch die Blamage Deutschlands vor und während der Fußball-WM besorgt sind um das lädierte außenpolitische Ansehen Deutschlands, so Lars Pohlmeier von der Organisation Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Er warb in einem Interview im Februar 2023 für mehr Realismus und selbstkritische Rückschau auf das eigene Verhalten, etwa im Ukraine-Krieg, und mahnte an: „Wir müssen wieder zurück dazu, universelle demokratische Werte zu vereinbaren, deren Einhaltung überprüft und bei Verstößen durch unabhängige internationale Gremien sanktioniert werden. Und wir müssen endlich dazu bereit sein, uns solchen Regeln auch selbst zu unterwerfen und dies nicht nur von anderen zu fordern (Hervorhebung von mir – UvdH).“[16]
Bitte in den Spiegel schauen!
Immer wieder waren auch schon vor dem ersten Anstoß der WM Anklagen laut geworden, dass die Todesfälle bei den WM-Stadienbauten in einem direkten Zusammenhang mit den Arbeitsverhältnissen als WM-Austragungsort stehen würden. Das sei, so pflichtet der zitierte Fachmann Jürgen Hogrefe bei, „nur wenig lauter“. Als einer der ersten beklagte er, dass niemand für die krassen Vorwürfe einen Beleg hat liefern können. Dass es Defizite bei den Arbeitsbedingungen gab und gibt, gesteht der Fachmann ein. Aber der dortige Staat habe an einer Verbesserung der Situation gearbeitet. Auch er zitierte in seinem Interview einen weiteren hohen internationalen Gewerkschaftsfunktionär, der festgestellt hatte, dass in Katar „die Verhältnisse in Bezug auf Arbeits- und Gesundheitsschutz vergleichbar (sind) mit dem deutschen oder US-amerikanischen Standard.“ Seine Richtigstellung verebbte fast unbemerkt in den Medien. Vielleicht deshalb, weil die von ihm kritisierten Verlautbarungen über angeblich katastrophale Arbeitsbedingungen auf den Stadien-Baustellen gearbeitet von so viel Überheblichkeit und Anmaßung nicht nur dort Verbreitung gefunden hatten, sondern selbst von Politikern übernommen wurden. Deshalb verweist er in dem Interview darauf, dass es ähnlich der behaupteten sozialen Situationen von ausländischen Arbeitskräften auch heute noch in der EU solche Verhältnisse herrschen: „In Europa gibt es nach EU-Erhebungen rund eine halbe Million moderne Arbeitssklaven. Darunter osteuropäische Ausbeiner in Schlachthöfen oder illegale afrikanische Tomatenpflücker in Spanien.“ Warum werden diese Arbeitsbedingungen und -verhältnisse nicht ebenfalls in der Öffentlichkeit vehement kritisiert?
Bekannt sollte zudem sein, dass insbesondere in Deutschland jahrelang und teilweise bis heute in Schlachthöfen und Fleischbetrieben vornehmlich sogenannte Werkvertragsarbeiter unter dem gesetzlichen Mindestlohn arbeiten. Sie mussten schon vor einigen Jahren und müssen vermutlich noch heute 170 bis 300 Euro im Monat vom ohnehin nicht hohen Lohn „für ein Bett in irgendeiner heruntergekommen Bude“ bezahlen.[17] Tausende von ihnen arbeiten im Oldenburger Land oder im Emsland. Es sind Polen, Ukrainer, Bulgaren, Rumänen. Sie arbeiten im Akkord. Diese nach einer Bundestagsabgeordneten „Sklavenhaltermethoden“ sind seit Langem bekannt. Jedoch erst im Sommer 2017, nachdem Belgien, Frankreich und Dänemark sich laut einer AFP-Meldung kritisch zu den Lohn- und Arbeitsbedingungen in den deutschen Betrieben geäußert hatten,[18] begann sich die Politik dafür zeitweilig zu interessieren. In einem Zeitungsartikel heißt es dazu: „Dank dieser Armee von Lohnarbeitern ist das reiche Deutschland zum Billigland für Schlachter geworden. Die Arbeitsbedingungen sind nach Ansicht von Experten dabei oft miserabel. Doppelschichten von bis zu 15 Stunden, überzogene Mieten für Massenunterkünfte, groteske Gebühren für Zeiterfassungschips, Schutzkleidung oder die Nutzung des Pausenraums.“[19] Erst im Dezember 2022 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Leiharbeiter – die bekanntlich zum großen Teil sogenannte Gastarbeiter waren und sind – nicht schlechter bezahlt werden dürfen als Stammbeschäftigte. Bislang verdienten jene bis zu einem Drittel weniger Stundenlohn.[20]
Jeder, der sich einmal mit dem Bild Deutschlands in der Welt beschäftigt hat, wird ähnlich wie Jürgen Hogrefe angesichts der fast als genüsslich zu bezeichnenden verbreiteten Fake News über die Stadionbauten in Katar und nicht weniger wegen des peinlichen „Zeichensetzens“ der deutschen Fußballmannschaft fragen: „Woher stammt eigentlich unsere Überheblichkeit? Und die Maßlosigkeit? Weswegen müssen wir unablässig Leuten aus anderen Ländern und Kulturen vorschreiben, was sie zu tun haben? Wo bleibt die viel beschworene Empathie?“[21]
Nicht nur die Fußball-WM in Katar – Die Politik des Cultural Change im Aufwind
Im Zusammenhang mit den hierzulande intensivierten kontrovers geführten Debatten um Cultural Change[22] wird mit Blick auf die Bewertung der Geschichte Kritik an den kulturellen Austauschbeziehungen der Vergangenheit geübt, die rund um den Globus quasi von Anbeginn der Menschheit existierten. Denn ohne diese hätte es keinen gesellschaftlichen Fortschritt geben können. Es ist kaum nachvollziehbar – um auf zwei kaum begreifliche, aber öffentliche Diskussionen hervorrufende Beispiele aus jüngerer Zeit zu verweisen –, wenn beispielsweise lediglich Nachfahren von Sklaven das Tragen von Dreadlocks zugestanden oder etwa das Indianerspielen europäischer Kinder kritisiert wird. Denn bei Umsetzung solcher Forderungen müssten die Betreffenden ja nachweisen können, dass sie afrikanische oder indianische Vorfahren hatten, sie vielleicht – um das letztere Beispiel herauszugreifen – Viertel- oder Halbindianer sind oder zumindest Ahnen unter der indigenen Bevölkerung Amerikas nachweisen können. In den Fokus solcher intellektuell unbedarften Kritik sind in dem Zusammenhang auch die Werke des deutschen Erfolgsschriftstellers Karl May geraten.[23]
Solche oft an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe sind nicht zuletzt aus zeitgeschichtlicher Sicht mehr als problematisch. Denn, so muss gefragt werden, haben diese sich für Culture Change engagierenden selbstermächtigten Aktivisten schon einmal etwas vom „Ariernachweis“ bei den Nazis oder von der Apartheid in Südafrika gehört? Man muss sich also nicht wundern, wenn ihnen „umgekehrter Rassismus“ vorgeworfen wird.
Außerdem sollte man aus politischer Verantwortung beachten, worauf der Philosophie-Professor und einstigen SPD-Staatsminister Julian Nida-Rümelin in den Diskussionen um das Verbieten der Indianerspiele hingewiesen hat: „Ich bezweifle, dass ein Kind, das als Apache oder Inka zum Fasching geht, die Leidensgeschichte der amerikanischen Ureinwohner verhöhnen will […]. Wenn man unschuldige, auch positiv gemeinte Verkleidungen verbietet, befürchte ich, dass man genau das Gegenteil erreicht.“[24]
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein fachkundiger Aufsatz der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Denn darin erläutert der Verfasser sachkundig, dass in den hierzulande das Indianerbild[25] prägenden Bücher von Karl May zwar sichtbar werde, „dass Weiße, speziell Deutsche der Richtwert für Entwicklung und Kultur“ gewesen sein sollen und deshalb dadurch „Stereotype und Klischees vermittelt wurden – gleichwohl aber vollkommen falsch sind.“ Auch wenn der sächsische Schriftsteller „die reale Geschichte etwas romantisch-verkitscht wiedergibt, zeigt sich doch deutlich, wo seine Sympathien liegen.“ Hingewiesen wird auf Mays Ablehnung der Sklaverei und auf seine mit Abenteuern gespickten Erzählungen, die deutlich machten, auf welcher Seite er stand: „Auf der Seite der indigenen Bevölkerung und ihres Selbstbestimmungsrechtes.“[26]
Fragt man, wie solche verquere Meinungen – die von der Mehrheit der Bürger nicht nur nicht akzeptiert werden, sondern zugleich die zuweilen durchaus diskussionswürdigen Grundideen zum Entstehen und zum Wesen des Cultural Change lächerlich machen – hervorgerufen werden konnten, findet man keine befriedigende Antwort. Denn das Problem bei der Kommunikation solcher von der Bevölkerungsmajorität abgelehnten oder überhaupt nicht verstandenen Forderungen der Vertreter des Cultural Change ist die Tatsache, dass die artikulierten Ansichten historisch nicht belastbar und in ihrer Verbreitung nicht lenkbar sind. Viele der sich über diese Ideen wundernden oder sich von diesen abwendenden Bürgern scheinen sich deshalb mehr oder minder mit dem Urteil anzufreunden, welches der Talkmaster und Comedian aus den USA, Bill Maher, auf die Frage, was denn wohl die Ursache für solche ahistorische Aufgeregtheiten sein könnten, formulierte: „Schlechte Erziehung und geisteskranke Universitäten, das ist es, wo dieser Irrsinn herkommt.“[27] Das ist sicherlich zu kurz gefasst, vor allem mit Blick auf die deutsche Geschichte, die auch andere Schlussfolgerungen zulässt.
„Das deutsche Wesen…“ soll weiterhin Relevanz haben
Eine exakte Untersuchung von Herkunft, Genesis und Verbreitung der unabsehbaren Folgen der Theorie eines angestrebten Kulturaustausches soll nicht Gegenstand der weiteren Ausführungen sein. Denn das Unverständliche hierbei ist nicht allein die bemerkenswerte historische Unkenntnis von jenen Bilder- und Gedankenstürmern, die einem Kulturwandel das Wort reden wollen, sondern, dass solche sich selbst als Vorkämpfer einer besseren Welt zu sehen wünschen. Dies wäre sicherlich kaum erwähnenswert, wenn nicht einige Politiker solche Fake Facts für ihre Zwecke ausnutzen würden. Diese schaden damit nicht nur einer vorausschauenden und verantwortungsbewussten Politik, sondern vor allem der kurz- oder mittelfristig benötigten Wirkungskraft der Geistes- und Politikwissenschaft, insbesondere der kritischen Global- und vor allem der Kolonialgeschichtsschreibung.
Viele Beobachter solcher politisch fragwürdigen Entwicklungen, die die Menschen von den wirklichen existentiell gewordenen sozialen sowie Klimafragen der Gegenwart und Zukunft abhalten, fragen sich, woher eine derartige Ignoranz wissenschaftlicher Erkenntnisse stammen könnte, wenn man ernsthafter als Bill Maher nach den Ursachen fragt. Es kann wohl mit einiger Berechtigung davon ausgegangen werden, dass sie auf eine hierzulande noch nicht ausgemerzte und an dieser Stelle bereits vorgestellte ideologische Einstellung zurückzuführen ist: „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen.“
Eine solche Erkenntnis teilen vor allem diejenigen Intellektuellen, die sich mit der Kolonial- und Globalgeschichte auskennen und über den Fortbestand einer solchen Ideologie über die Generationen hinweg besorgt sind, wie der Historiker Rainer Zitelmann. Der bezeichnete die selbstgerechten Anmaßungen, die nicht zuletzt Relevanz für die deutsche Außenpolitik besitzen, als „deutschen Größenwahn“. Im Zusammenhang mit der gegenwärtig von deutschen Politikern immer wieder geschwungenen Keule gegen China sagte er in einem Interview: „Wir Deutschen, besonders die Grünen, neigen zur Selbstüberschätzung: ‚Am deutschen Wesen soll die Welt genesen‘ […]. Wir haben so großen Missionseifer und sind hypermoralisch. Die ganze Geschichte vorher war schlecht, deswegen müssen wir auch mit unserer Cancel Culture Denkmäler abreißen und dürfen Kant nicht mehr lesen.“[28]
Dieser politische Euphemismus, der nun schon in Deutschland seit etwa drei Jahrzehnten zu beobachten ist, geht auf den deutschen Lyriker Franz Emanuel August Geibel (1815–1884) zurück, der 1861 in dem Gedicht „Deutschlands Beruf“ formulierte: „Und es mag am deutschen Wesen/einmal noch die Welt genesen“. Als der wohl bekannteste „Interpret“ dieser Strophe gilt Kaiser Wilhelm II., der sie zu dem Schlagwort leicht umformulierte, welches noch heute die Handlungen der blinden Bilderstürmer und der ihnen folgenden Politiker bestimmt.
Der Umgang mit politischen Imaginationen von Vorgestern, die Übertragung solcher Ideen und Methoden auf aktuelle oder eigentlich wegen der Brisanz der allgegenwärtigen Probleme gar nicht anstehende Zielvorstellungen (wie die Umbenennung von Straßen- und Apothekennamen) basieren letztendlich auf verwirrten ideologischen und subjektiv sehr einseitig geprägten Charaktereigenschaften der Akteure, solche, die der Verleger und Publizist Frank Schumann – wie auch in anderen Bereichen der politischen Auseinandersetzung sichtbar – wie folgt festmachte: Anmaßung, Selbstüberhebung, Realitätsverlust und Vorurteil.[29] Jedoch sollte abseits subjektiver Befindlichkeiten nicht die Möglichkeit eines bewussten Ablenkungsmanövers durch reaktionäre politische Kräfte außer Acht gelassen werden. Es besteht die Möglichkeit, dass einige der unsachlichen bis naiven, jedoch in dem einen oder anderen Fall vielleicht gut gemeinten Ansichten von einigen Kräften aus dem Hintergrund heraus ausgenutzt oder sogar gesteuert werden.
Dass diese Vermutung durchaus Realität sein könnte, wird hierzulande dadurch auffällig, dass das, was etwa in China und insbesondere in den Ländern des Globalen Südens geschieht, gegenwärtig in den deutschen Medien vielfach in analytisch-aufklärenden Beiträgen kaum eine Rolle spielt oder „verdreht“ mit einem europäischen Blick kommentiert wird. Immer wieder maßen sich Politiker und Journalisten an, den dort lebenden Menschen Vorwürfe zu ihrer Kultur, zu ihren Traditionen und Wertevorstellungen, zu ihrem kollektiven Selbstverständnis zu machen. Das sagt allein schon viel über das Demokratie-Verständnis der Akteure bzw. der Medienvertreter aus, wenn sie als nicht ausgewiesene Vertreter von sogenannten pressure groups lautstark politisches Verlangen vortragen, zu dessen Inhalten sie weder qualifiziert aussagefähig, noch demokratisch legitimiert sind. Das fällt zuweilen auch altgedienten Diplomaten auf und der eine oder andere wagt sich nach der Pensionierung an die Öffentlichkeit zu wenden, wie der ehemalige deutsche Botschafter in Indien, Walther Lindner, der in einem „Gespräch“ mit dem Berliner „Tagesspiegel“ einige Wahrheiten aus seinen Erfahrungen in Ländern des Globalen Südens ausspricht, wie: „Europa muss aus dem Denkmuster herauswachsen, dass Europas Probleme die Probleme der Welt sind, denn die Probleme der Welt sind nicht die Probleme Europas“ und „Als Westen mit dem moralischen Zeigefinger aufzutreten, kommt nirgendwo im globalen Süden gut an.“ Vor allem reagierten die Politiker aus den dortigen Ländern auf die „Doppelmoral des Westens, der etwa im Irakkrieg selbst die Regeln brach, von Indien aber in anderen Fällen verlangt, den Regelbruch zu verurteilen.“ Lindner sieht, dass der Westen in der Welt seine Dominanz verliert, denn so formuliert er mit Blick auf Deutschland, „wenn ich diese westlichen Werte […] im globalen Süden wie eine Monstranz vor mir hertrage, kommt sofort die Frage: Habt ihr im Westen euch denn an die Werte gehalten? Was ist mit der Kolonialzeit, den Weltkriegen, mit dem Holocaust, dem Einmarsch in den Irak?“[30]
Und Sheila Mysorekar, Vorsitzende eines Netzwerkes postmigrantischer Organisationen, gelangt angesichts dieser Tatsache zur Schlussfolgerung: „Stände der globale Süden mehr im Fokus, wäre der deutschen Presse klar, dass unsere Außenpolitik nicht immer Menschenrechte als oberste Priorität setzt. Eigentlich müsste auf jeder Pressekonferenz Annalena Baerbock die Frage gestellt werden, wieso nach wie vor vom US-Militärstützpunkt Ramstein aus Drohnenangriffe in Afghanistan, Jemen oder Somalia gesteuert werden. Drohnenkriege sind völkerrechtswidrig. Deutschland ist also mitverantwortlich, wenn Bombardierungen von Ramstein aus dirigiert werden.“[31]
Berliner Beispiele
Von den Vertretern der oben erwähnten Handlungen und Forderungen des Cultural Change wird häufig die Notwendigkeit des Kampfes gegen einen angeblich vorhandenen „systematischen Rassismus“ angeführt. Das führt in nicht wenigen Fällen zu einer Verallgemeinerung und Verwässerung der kritischen Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Neokolonialismus. Ein Beispiel: Die angeblich aus antirassistischen Gründen betriebene Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin[32] hat durch die dadurch hervorgerufene Öffentlichkeit dazu geführt, dass jeder dumpfe Rassist weiß, wie er nunmehr Menschen mit anderer, vor allem dunklerer Hautfarbe beleidigen kann. Denn das Wort „Mohr“ war in der deutschsprachigen Alltagskommunikation so gut wie unbekannt oder nicht negativ konnotiert. Das haben geschichtsunkundige Aktivisten des Cultural Change anders gesehen. Die Forderung, Umsetzung und die Folgen der Umbenennung dieser Straßen in der deutschen Hauptstadt kann als ein Hinweis dafür angesehen werden, dass bei Ignoranz wissenschaftlicher Erkenntnisse ein kaum verdeckter kolonialrassistischer Paternalismus entlarvend deutlich wird.
Anscheinend sind die Aktivisten und ihren kruden Vorstellungen folgenden Politiker davon überzeugt, dass wie weiland ihre Altvorderen im 19. Jahrhundert ihre Vorstellungen von „Zivilisation“ nunmehr von den „armen Wilden“ in Afrika gebraucht würden.
Denn es wird ja deshalb die Umbenennung von orientierenden Bezeichnungen im hauptstädtischen Stadtraum gefordert, weil eine kleine Minderheit der Meinung ist, dass historische Benennungen, die sie nicht verstehen oder im historischen Kontext nicht beurteilen können, die Bewohner des afrikanischen Kontinents negativ berühren könnten. Dabei gehen sie davon aus, dass sie wüssten, was jene denken, fühlen und fordern würden und maßen sich somit an, als kleine Gruppierung im Namen einer mehr als eine Milliarde Menschen zählenden Bevölkerung des afrikanischen Kontinents zu agieren. Warum sich für die sogenannte Entwicklungshilfe oder gegen die neokoloniale Ausbeutung und Politik der ehemaligen Kolonialmächte zu engagieren, ganz abgesehen von der Notwendigkeit, den Kampf gegen Neopatrimonialismus und Korruption in den afrikanischen Staaten zu unterstützen, genügt es ihnen, durch skurrile Forderungen und Handlungen mediale Aufmerksamkeit hierzulande zu erringen.
In Wissenschaftlerkreisen versucht man dieses kontraproduktive Phänomen zu verstehen und zu interpretieren. Bislang ohne bemerkenswerte Ergebnisse – im Gegenteil. Historiker, die ihren Beruf ernst nehmen, ziehen sich aus diesen Debatten zurück. Denn sie mussten erkennen, dass den Aktivisten ein mit quasi-politischen Forderungen errungener Erfolg zur Überwindung eigener Sinnkrisen wichtiger ist als die Übernahme von wirklich den Menschen helfenden Aufgaben, insbesondere für ein notwendiges, allerdings anstrengendes solidarisches Engagement.
Inzwischen geht der Streit über angeblich „belastete“ Personen, nach denen in der Vergangenheit Straßen benannt worden sind, weit über solche aus „kolonialem Kontext“ hinaus. Hierfür haben sicherlich nicht unbegründet einige Pädagogen und Wissenschaftler einen zu geringen oder schlechten Geschichtsunterricht an den Schulen ausgemacht. Wenn der oft geforderte, zuweilen angekündigte und immer wieder verschobene Vorsatz (falls er denn überhaupt politisch gewollt ist), eine Verbesserung des Geschichtsunterrichts in den Schulen zu erreichen, ernst gemeint ist, wäre eine praktische Umsetzung dringend notwendig. Jedoch kann eine Verbesserung der Bildung von Kindern und Jugendlichen nur eine der erforderlichen Maßnahmen zur Reform des Geschichtsbewusstseins sein. Genauso wichtig ist eine Erwachsenenbildung, wie das negative Beispiel eines Lokalpolitikers der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Berlin-Kreuzberg zeigt. Denn dieser möchte anscheinend völlig unbedarft und bar jeglicher Kenntnis der deutschen Geschichte, hier speziell über die Befreiungskriege Preußens von der napoleonischen Fremdherrschaft 1813/14, diejenigen Straßennamen beseitigen, die nach den preußischen Generälen Gebhard Leberecht von Blücher, Neidhardt von Gneisenau, Ludwig Yorck von Wartenburg, aber ebenso die nach Namen von Orten, wo die Schlachten geschlagen wurden, benannt sind. Die Boulevard-Zeitung „B.Z.“ titelte dann auch zutreffend: „General-Angriff auf die Kreuzberg-Generäle“.[33]
Ein weiterer jüngerer Fall von Bilderstürmerei in Berlin ist die Forderung nach der Beseitigung des Friedrich Ludwig-Jahn-Denkmals in der Hasenheide im Ortsteil Neukölln. Der Pädagoge und „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn soll Frauenfeind und Nationalist gewesen sein.[34] So viel historische Unwissenheit verärgert viele Berliner. Doch was können sie tun? Wie im Falle des Umbenennungsbeschlusses der Mohrenstraße Widerspruch bei der zuständigen Stadtbezirksverwaltung einlegen, um dann für die „Bearbeitung“ mehr als 150,00 Euro Bearbeitungsgebühr entrichten zu müssen, die auch dann erhoben wird, wenn der Widerspruch zurückgezogen wurde? Oder um nach Entrichtung der Verwaltungsgebühren und Rücknahme des Widerspruchs, wie im Falle des Verfassers, noch Monate später mit Geldmahnungen traktiert zu werden? Einer Berliner Bürgerin, die es gut meinte und sich mit einem Vorschlag zur Vermittlung an das zuständige Bezirksamt wandte, wurde angedroht, für ihre Empfehlung bezahlen zu müssen. Sie berichtete: „Ich schrieb aber zurück, man habe meinen Text offenbar nicht gelesen, denn ich hätte ja keinen Ablehnungs-, sondern einen Vermittlungsvorschlag gemacht.“[35]
Wenn der Straßenumbenennungswahn in der deutschen Hauptstadt konsequent weitergeführt werden sollte, müssten auch bald der Kurfürstendamm und die Kurfürstenstraße, ebenso die Brandenburgische Straße und der Konrad-Adenauer-Platz sowie der Rathenauplatz auf dem Index stehen. Denn der brandenburgische Kurfürst unterhielt eine kleine Kolonie im heutigen Ghana,[36] von wo aus etwa 20.000 zuvor versklavte Afrikaner über den Ozean auf die Plantagen in der Karibik verschifft wurden. Zur Erinnerung an das brandenburgisch-preußische Kolonialabenteuer wurden Straßen in der Zeit der direkten deutschen Kolonialherrschaft, vor allem um die Jahrhundertwende, benannt, wie eben die Brandenburgische Straße oder das Brandenburgische Ufer.[37] Und Adenauer war ein Verfechter der kolonialen Idee und von 1931 bis 1933 Vizepräsident der Deutschen Kolonialgesellschaft und schließlich weilte der ermordete deutsche Außenminister Walther Rathenau zweimal in letztlich kolonialem Interesse in Deutsch-Ostafrika.[38]
Den Fragen von Kritikern und Gegnern von solchem historischen Unverstande müssen sich vermutlich eines Tages die diese Aktionen vorantreibenden Aktivisten stellen, denn so formulierte es ein Journalist einmal zutreffend, „im antirassistischen Kampf ist es wie mit dem Sexismus. Die Wahl bizarrer Nebenkriegsschauplätze macht von wichtigen Hauptanliegen einiges kaputt. Ich finde es wenig zielführend, sich für hehre Ziele zum Vollhorst zu machen.“[39] Ebenso sieht es auch die Politikerin Sahra Wagenknecht, die nachvollziehbar die Hintergründe für eine solche Entwicklung analysiert und in ihrem Buch davor warnt, dass die Menschen mit so „einem Eifer und einer Überzeugung“ ihre Ansichten verfolgen, „als läge hier der Schlüssel, um der modernen Sklaverei von Bullshit-Jobs, Demütigung und Armut die Grundlage zu entziehen“.[40]
Wen kümmert es, was die Welt denkt
Die immer wieder vorgetragenen Forderungen nach Übernahme von „deutschen Werten“ im Ausland wird – wie skizziert –mehr oder minder explizit von deutschen Politikern und regierungsnahen Journalisten erhoben und möglichst geschickt propagandistisch verklausuliert. Dadurch können die wirklichen Ursachen und Formen eines solchen Handelns – anders als zur Zeit der direkten Kolonialherrschaft Deutschlands – durch die nunmehr zur Verfügung stehende Medienmacht besser verschleiert werden. Willige Helfer bei der Verschleierung der historischen Fakten und Hintergründe sind zweifelsohne immer wieder fachlich nicht sehr gut ausgebildete Journalisten, worauf 2020 der Kommunikationswissenschaftler und ehemalige Senator von Hamburg Ingo von Münch mit einer Kritik am unvollkommenen Geschichtswissen vieler Mediengestalter bereits nachdrücklich aufmerksam machte.[41] Auch die kürzlich verstorbene Grande Dame der GRÜNEN-Partei, Antje Vollmer, die sich mit gleichgesinnten Pazifisten noch im Juni 2022 in Berlin traf, kritisierte laut einem Teilnehmer die Propagierung von „deutschen Werten“ angesichts einer „schwierigen Zeit vieler Herausforderungen globaler Art“. Er fasste Vollmers Argumentation hierzu wie folgt zusammen: „Doch deutsche Politiker, regierungsnahe Denkfabriken, sogenannte Leitmedien – sie alle wirkten neuerdings erschreckend einfältig und provinziell. Vor allem die moralische Überheblichkeit, die Überbetonung der ‚richtigen Werte‘, die deutsche Hybris bei der Konzipierung der Außen- und Sicherheitspolitik – sie alle führen, aus ihrer (also Antje Vollmers – UvdH) Sicht – zur eigenen Schwächung.“[42] Der deutsche Philosoph Michael Andrick schrieb hierzu nach einer inhaltlichen Betrachtung der aktuellen Politik im Juni 2024 zu dieser Thematik passend: „Wer also ‚Werte verteidigen‘ will, der gibt damit zu erkennen, dass er die politische Diskussion moralisieren und somit eine unversöhnliche Haltung gegenüber allen einnehmen will, die seine Werturteile nicht teilen.“[43]
Auch in einem anderen – durchaus repräsentativen – Zusammenhang gibt es berechtigte Kritik an Journalisten, die – wie Sprachwissenschaftler und Philologen es in einer Protestnote ausdrückten – durch deren selbstgefälliges vermeintlich progressive Verhalten, hier das Gendern, „eine tiefe Entfremdung zwischen Medienmachern und ihrem Publikum“ hervorgerufen haben.[44] Besonders deutlich wird solches zumeist flaches historische Wissen am Beispiel der Charakterisierung des Kolonialismus. Wie ein solcher Kommunikationsbedarf trotz Halb- und Unwissen bei Vertretern der vierten Gewalt entstehen kann und dann auch ausgenutzt wird, um Mainstreamjournalismus zu produzieren, machen Richard David Precht und Harald Welzer in einem 2022 erschienenen Buch deutlich.[45]
Recht aktuell und für die Deutschen peinlich, weil der deutsche Staat es zur Zeit des Kaiserreiches schon einmal versucht hatte, eine große Bevölkerungsgruppe des heutigen Namibia ihre Vorstellungen von „Zivilisation“ mit aller Macht bis hin zum Völkermord, aufzuzwingen, ist die Warnung des Gründungspräsidenten des Landes Sam Nujoma von Mitte 2023, der per Gesetz den ehrenvollen Titel „Vater der namibischen Nation“ trägt. Im Hinblick auf die aus Europa hereingetragenen Denkweisen zur angeblichen Normalität gleichgeschlechtlicher Ehen sagte er: „Namibier und Afrika sollten wachsam gegen einige fremde Normen und Werte sein, die uns aufgedrückt werden, aber gegen unsere eigenen afrikanischen kulturellen Normen und Traditionen gerichtet sind.“[46] Selbstbewusst reagierte auch der kürzlich verstorbene Präsident Namibias Hage Geingob im März 2023 in einer Diskussion mit dem Chef der Konrad-Adenauer-Stiftung und früherem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, der ihn vor der wachsenden Präsenz der Chinesen in seinem Land meinte warnen zu müssen. Der namibische Präsident unterbrach ihn und sagte, die Deutschen sollten „lieber eigene Vorschläge machen, als über die Chinesen zu lamentieren.“ Im Westen halte man offensichtlich „Afrikaner für Kinder“, die nicht wüssten, wie sie mit größeren Staaten umgehen sollten. Dem deutschen Politiker hielt er vor: „Ich bin nicht Ihre Marionette.“[47] Der Journalist Udo Norden brachte diesen Vorgang in die deutsche Presse und kommentierte richtig, dass es sich hier nicht nur um ein persönliches Ungeschick gehandelt habe, sondern auch um „ein Dilemma der deutschen Politik insgesamt.“ Ermahnungen kämen in Afrika „ganz schlecht an.“ Es dürfte stimmen, dass „in China hingegen […] der Auftritt des CDU-Mannes für Schadenfreude“ gesorgt habe.[48]
Denn in Asien hat man mit der unangebrachten Überheblichkeit der Deutschen vor allem in China Erfahrung. Dort macht man sich über sie, insbesondere über ihre Politiker, lustig und fragt sich, woher so eine Überheblichkeit stammen könnte. Der Direktor des Zentrums für Deutschlandstudien an der Peking-Universität, Huang Liaoyu, wies in einem Zeitungsartikel darauf hin, dass die deutsche Mentalität tief durch die christliche Religion sowie den deutschen Idealismus geprägt sei, so „dass die Deutschen ein missionarisches Sendungsbewusstsein haben und dazu neigen, dem Ideellen das Primat vor dem Materiellen zu gewähren“, was an dem Spruch „Am deutschen Wesen mag die Welt einmal genesen“ zu erkennen sei. Hingegen: „Das chinesische Gebot ‚Was du nicht selbst erfahren willst, tu keinem anderen an‘ (Konfuzius) steht in einem interessanten Kontrast zum deutschen Credo: ‚Was ich gut finde, das teile ich mit dir.‘“[49]
Alle anklagenden, aufklärerischen, korrigierenden Wortmeldungen zu dem (neo)kolonialen Gehabe deutscher Politiker und Publizisten hat letztlich bis in die Gegenwart keine sichtbare Wirkung erzielt. Die besserwisserischen Ermahnungen der im Juni 2023 in Südafrika weilenden deutschen Außenpolitikerin Baerbock haben in dem besuchten Land sogar dazu geführt, dass man dort in den öffentlich geäußerten Meinungen sowie in den sozialen Medien immer wieder allgemeine Kritik bzw. Hohn an dem belehrenden Grundton deutscher Politiker beobachten konnte. Regelrecht lächerlich machte sie sich, als sie in einem Zeitungsbeitrag zugab, dass, „wenn wir über die Vertiefung der deutsch-südafrikanischen Beziehungen sprechen, dann […] Business“ meinen.[50] Solches Auftreten in der internationalen Bühne ruft selbstverständlich hierzulande bei verantwortungsbewussten Politikern sowie Finanz- und Wirtschaftsfachleuten Bedenken hervor, so etwa wie bei dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse AG Theodor Weimer, der Anfang Juni 2024 warnte: „Unsere Ausrichtung am Gutmenschentum wird nirgends geteilt.“[51]
Nicht als Entschuldigung für so ein Verhalten, aber als Ergänzung mag angeführt sein, dass so ein Rückfall in alte, überwunden geglaubte Denkstrukturen auch schon in der vorhergehenden CDU-geführten Bundesregierung ersichtlich war, jedoch in der Öffentlichkeit in nicht so beherrschendem Maße deutlich geworden ist. Es sei nur daran erinnert, wie rabiat in der Eurokrise zu Beginn der 2010er Jahre mit Griechenland umgegangen worden ist, was den Sozialpsychologen Elmar Brähler in einem Interview zur Aussage veranlasste, dass ihn dies schon damals an das Zitat „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen“ erinnert habe.[52]
Das Ausblenden des Balkens im eignen Auge, um en Splitter in den Augen der anderen zu sehen, hat in Deutschland eine lange Tradition, die schon den Bewohnern in den vom Deutschen Reich beherrschten Kolonialgebieten aufgefallen war und worüber sie sich zu amüsieren verstanden.[53]
Die TV-Übertragungen und Kommentierungen rund um das Sportereignis in Katar sowie das überhebliche Auftreten deutscher Politiker in verschiedenen Ländern des Globalen Südens geben berechtigten Anlass zu konstatieren, dass sich in dieser Hinsicht nicht viel geändert hat. Denn bis in die Gegenwart hinein verspüren Aktivisten, Journalisten und Politiker das Bedürfnis, sich dafür einsetzen zu müssen, dass das deutsche Wesen dazu beitragen solle, eine andere Welt nach ihrem historisch und politisch zweifelhaften Gusto zu errichten. Das wären vor einigen Jahrzehnten Steilvorlagen für Außenpolitiker, Publizisten und Wissenschaftler von damaligen Staaten des sozialistischen Lagers gewesen! Oder hätte sich „der Westen“ solch ein paternalistisch-kolonialistisches Gehabe angesichts des damals noch realen politischen Gegners erst gar nicht erlaubt?
—
Autorenvorstellung
Visiting Research Professor (University of South Africa) Dr. Dr. Dr. Ulrich van der Heyden, geb. 7. September 1954 in Ueckermünde, war bis Ende 2023 Gastwissenschaftler an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin und ist Privatdozent am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Außerdem ist er Research Associate an der University of the Free State in Bloemfontein/Südafrika. Er ist Afrika-, Missions- und Kolonialhistoriker sowie Politikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Afrika. Er veröffentlichte mehr als 60 monographische Publikationen und mehr als 260 wissenschaftliche Studien; zudem ist er Initiator und (Mit-)Herausgeber von sieben Buchreihen zur Global-, Kolonial-, Missions- und Entwicklungsgeschichte.
[1] Vgl. diesbezüglich die Beispiele in van der Heyden, Ulrich: Mohren, Missionare und Moralisten. Eine Streitschrift zum Umgang mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands, Berlin 2024, S. 18-20.
[2] Siehe dazu bereits zusammenfassend van der Heyden, Ulrich: Deutsche wissen immer alles besser!, in: NachDenkSeiten. Die kritische Website, Teil I: 9.12.2023; Teil II: 10.10.2023 [URL: https://www.nachdenkseiten.de/?gastautor=ulrich-van-der-heyden & https://www.nachdenkseiten.de/?p=107913] sowie ders.: Am deutschen Wesen soll auch heute noch die Welt genesen, in: Politisches Lernen, Nr. 1-2, Baden-Baden 2024, S. 20-25.
[3] Krischke, Ben: WM-Aus des Moralweltmeisters – Das Karma von Katar, in: Cicero. Das Magazin für politische Kultur, 2.12.2022. URL: https://www.cicero.de/kultur/wm-katar-gruppe-e-deutschland-aus-karma-kommentar-krischke.
[4] Reich, Anja: Interview mit Herfried Münkler, in: Berliner Zeitung, 5.12.2022.
[5] Vgl. von Mary Abdelaziz-Ditzow: Kritik an Katar ist berechtigt. Bashing aber ist unangebracht, in: Capital, 24.11.2022.
[6] Vgl. Vor Besuch von Faeser. Katar verbittet sich Einmischung, in: Der Tagesspiegel, 1.11.2022.
[7] Lehming, Malte: Jubel über den Gräbern: Fußball-WM in Katar – die deutschen Fans sollten sie boykottieren, in: Der Tagesspiegel, 26.08.2022.
[8] Vgl. ausführlicher hierzu Schubert-Lehnhardt, Viola: Die DDR als Gesellschaftsentwurf mit sozialen und feministischen Anspruch, in: Bollinger, Stefan (Hrsg.): Die DDR in der gesamtdeutschen Geschichte – Vertane Chance, Sackgasse, Nachwirkungen, Neuruppin 2022, S. 97–108.
[9] Siehe die Angaben der damaligen Ministerin und spätere Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, in dem Artikel „Kein Wort, das den Schmerz beschreibt“, in: Berliner Zeitung, 26.06.2020. Nach neuesten Informationen des Hessischen Rundfunks (HR 3) vom 12.11.2023 handelt es sich um etwa 17.000 bedrohte junge Frauen.
[10] Vgl. Hogrefe, Jürgen: Der Umgang mit Katar ist scheinheilig, in: Der Tagesspiegel, 2.11.2022.
[11] Vgl. hierzu auch Spiller, Christian: Wie viele Arbeiter sind für die WM gestorben?, Interview mit Ellen Wesemüller von Amnesty, in: Zeit online, 16.11.2022. URL: https://www.zeit.de/sport/2022-11/wm-katar-tote-arbeiter.
[12] Vgl. Hogrefe, Jürgen: Der Umgang mit Katar…, a.a.O.
[13] Vgl. etwa Hofmann, Inga: Werbe-Event mit Todesfolge. Die Fußball-WM in Katar, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 1, Berlin 2022, S. 1-44, wo behauptet wurde, dass „die WM […] in einem Land ausgetragen (werde – UvdH), das den Tod tausender Arbeitsmigrant*innen in Kauf genommen hat, um mit prunkvollen Stadien zu beeindrucken und so sein außenpolitisches Ansehen aufzubessern“; hier S. 1.
[14] Wirth, Dominic: „6500 Tote, aber nicht auf den Baustellen“. Interview mit Rita Schiari, in: Luzerner Zeitung, 8.11.2022.
[15] Vgl. Bruggaier, Johannes: Die Besserdeutschen. Warum fühlen wir uns berufen, die ganze Welt zu unterrichten?, in: Südkurier, 19.03.2023.
[16] Pohlmeier, Lars: Mediatoren dringend gesucht. Interview mit Gisela Dürselen, in: Neues Deutschland, 13.02.2023.
[17] Brümmer, Matthias: „Ausbeutung breitet sich aus.“ Interview mit dem Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten in der Region Oldenburg/Ostfriesland, in: Die Tageszeitung (taz), 4.12.2015.
[18] Vgl. 44 Millionen Schlachttiere importiert, in: Neues Deutschland, 23.06.2017.
[19] Balser, Markus: Geheime Schlachtordnung, in: Süddeutsche Zeitung, 2.06.2017.
[20] Vgl. die DPA-Meldung in: Neues Deutschland, 16.12.2022.
[21] Hogrefe, Jürgen: Der Umgang…, a.a.O.
[22] Hierzu erschien in der letzten Zeit eine Reihe von Publikationen. Einen informativen Überblick bietet Liu, Catherina: Die Tugendpächter. Wie sich eine neue Klasse mit Moral tarnt und Solidarität verrät, Frankfurt am Main 2023.
[23] Vgl. van der Heyden, Ulrich: Von seinem letzten Kampf um Achtung und Verständnis anderer Kulturen. In Memoriam Dietmar Kuegler, in: Roth, Karl Jürgen/Weigand, Karla/Weigand, Jörg (Hrsg.): Amerika! Amerika! Dietmar Kuegler 1951 – 2023, Winnert 2023, S. 79 – 93.
[24] Schlenz, Kersten: „Ich glaube, die Bevölkerung ist jeder Art der Bevormundung leid“. Interview mit Julian Nida-Rümelin, in: Stern, 20.07.2023, S. 72.
[25] Vgl. hierzu u.a. Lutz, Hartmut: „Indianer“ und „Native Americans“. Zur sozial- und literaturhistorischen Vermittlung eines Stereotyps, Hildesheim/Zürich/New York 1985. In der DDR war es nicht viel anders; vgl. hierzu van der Heyden, Ulrich: Eine unentdeckte Nische der DDR-Gesellschaft. Die „Indianistikszene“ zwischen „antiimperialistischer Solidarität“ und Verweigerung, in: Kultursoziologie. Aspekte – Analysen – Argumente, Nr. 2, Leipzig 2002, S. 153-174.
[26] Ehrhardt, Heiko: „Winnetou ist (k)ein Rassist“. Einige Anmerkungen zu einer notwendigen Diskussion, in: Zeitschrift für Religion und Weltanschauung. Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Nr. 5, Berlin 2022, S. 362-366. Vgl. ausführlicher Wollschläger, Hans: Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens. Interpretation zu Persönlichkeit und Werk. Kritik, Dresden 1989; Pyta, Wolfram (Hrsg.): Karl May. Brückenbauer zwischen den Kulturen, Berlin 2010.
[27] Zitat in Welt am Sonntag, Nr. 37/2022.
[28] Eichhorn, Moritz/Klaproth, Franka: Interview mit Rainer Zitelmann, in: Berliner Zeitung, 3.12.2022.
[29] Schumann, Frank: Respektlos und ignorant, in: Ossietzky. Zweiwochenschrift für Politik, Kultur, Wirtschaft, Nr. 23, Dähre 2022, S. 812.
[30] Monath, Hans/Renberg, Natalie: „Nicht wenige Inder beklagen eine Doppelmoral des Westens“. Interview mit Walter Lindner, in: Der Tagesspiegel, 2.04.2024. Ausführlicher und mit wissenschaftlicher Akribie unterfüttert vgl. Plagemann, Johannes/Maihack, Henrik: Wir sind nicht alle. Der Globale Süden und die Ignoranz des Westens, 2. Aufl., München 2023.
[31] Mysorekar, Sheila: Neujahrsvorsatz: Mehr kiffen, in: Neues Deutschland, 3.01.2023.
[32] Vgl. van der Heyden, Ulrich: Die Berliner Mohrenstraße und die Ignoranz geisteswissenschaftlicher Forschungen. Versuch einer geschichts- und politikwissenschaftlichen Analyse, in: Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte, Bd. 20, Wiesbaden 2020, S. 247–266; ders.: Die Umbenennung der Berliner „Mohrenstraße“ – eine Blamage, in: Berliner Debatte INITIAL, Nr. 4, Potsdam 2020, S. 133-144.
[33] General-Angriff auf die Kreuzberg-Generäle, in: B.Z., 18.09.2021.
[34] Dpa-Meldung: Netzwerk fordert Abriss, in: Der Tagesspiegel, 6.12.2022.
[35] Ritter-Pichl, Karin: Leserbrief, in: Berliner Zeitung, 20.07.2023.
[36] Vgl. van der Heyden, Ulrich: Rote Adler an Afrikas Küste. Die brandenburgisch-preußische Kolonie Großfriedrichsburg in Westafrika, 2. Aufl., Berlin 2001.
[37] Vgl. van der Heyden, Ulrich: Auf Afrikas Spuren in Berlin. Die Mohrenstraße und andere koloniale Erblasten, Berlin 2008; ders.: Koloniale Erinnerungsorte in Berlin in der Zeitkritik. Was uns Straßennamen über ein verdrängtes Kapitel deutscher Geschichte sagen können, in: Der Bär von Berlin. Jahrbuch 2011 des Vereins für die Geschichte Berlins, Berlin/Bonn 2011, S. 73–88.
[38] Vgl. van der Heyden, Ulrich: Vom brandenburgischen Bad Freienwalde in die deutschen Kolonien, in: ders./Zeller, Joachim (Hrsg.): Kolonialismus hierzulande. Eine Spurensuche in Deutschland, Erfurt 2007, S. 201–202.
[39] Mielke, André: Darf Weiß noch beginnen?, in: Berliner Zeitung, 1.07.2020.
[40] Wagenknecht, Sahra: Die Selbstgerechten. Mein Gegenprogramm für Gemeinsinn und Zusammenhalt, Frankfurt am Main 2021.
[41] von Münch, Ingo: Die Krise der Medien, Berlin 2020.
[42] Zitiert in Rahr, Alexander: Die Friedensstifter, in: Vollmer, Antje u. a.: Den Krieg verlernen. Zum Vermächtnis einer Pazifistin. Eine Flugschrift, Hamburg 2024.
[43] Andrick, Michael: Mit den Grünen in den Krieg, in: Berliner Zeitung, 1./2.06.2024.
[44] Lenz, Susanne: Gegen das Gendern, in: Berliner Zeitung, 26.06.2023.
[45] Precht, David/Welzer, Harald: Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist, Frankfurt am Main 2022.
[46] Zitiert in Weidlich, Brigitte: Nujoma unterstützt das Anti-LGBTQ-Lager, in: Allgemeine Zeitung, Windhoek, 5.06.2023.
[47] Zitiert bei Norden, Udo: Lieber Peking als Berlin, in: Berliner Zeitung, 10.05.2023.
[48] Ebenda.
[49] Liaoyu, Huang: Adler und Drache. Plädoyer für die deutsch-chinesische Freundschaft, in: Der Tagesspiegel, 26.05.2023.
[50] Zitiert in Selz, Christian: Der Krieg und das Business, in: Junge Welt, 29.06.2023.
[51] Zitiert bei Winter, Stefan: Kalkulierter Ausbruch des Börsenchefs, in: Märkische Allgemeine, 8./9.06.2024.
[52] Beer, Maximilian/Hollersen, Wiebke: Interview mit Elmar Brähler, in: Berliner Zeitung, 8.09.2023.
[53] Vgl. van der Heyden, Ulrich: „Besoffen wie ein Deutscher“. Das Deutschlandbild von Afrikanern zur Zeit der direkten Kolonialherrschaft, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, Nr. 4, Leiden 2013, S. 357-393.